Alte Schule Bärstadt (November 2007)

Hier die Rede unseres Gemeindevertreters Klaus Stolpp:  
Frau Vorsitzende, meine sehr geehrten Damen u. Herren,
Zitate aus der Gestaltungsfibel Bärstadt:
“.... Ziel dieser Gestaltungsrichtlinie ist es, ein Bewusstsein für die Besonderheiten und die Schönheit ihrer Heimat bei möglichst vielen Dorfbewohnern zu wecken....
....Konkretes Erbe der Bärstadter Geschichte sind die nach Hessiscem Denkmalschutzgesetz als Kulturdenkmal eingetragenen Gebäude. Sie kommen natürlich nur im Zusammenhang mit der übrigen Bebauung zur Geltung. Auch die anderen Gebäude sind wichtig für die Erhaltung des ganz speziellen Bärstadter Charakters......
......Man hat herausgefunden, dass ein attraktives und harmonisches Ortsbild auch wichtig ist für das Wohlbefinden und die Identifikation der Bewohner mit ihrer heimatlichen Umgebung.

Glücklicherweise hat man dies in vielen Dörfern erkannt, ........
......Bärstadt wird, von den umliegenden Hügeln aus gesehen, von der mitten im Dorf stehenden Kirche geprägt. Die Dachlandschaft ist noch weitgehend einheitlich.......”
usw. usw.

Wir sollten uns nicht wundern, wenn die Bärstadter die Worte in dieser Broschüre ernst nehmen und nicht einfach hinnehmen wollen, dass hier eine Stück “harmonisches Ortsbild” platt gemacht werden soll.

Das ist die eine Seite der Medaille.

Die andere Seite wurde geprägt von dem Wunsch der Mehrheit in dieser Gemeinde, ein modernes Schulgebäude zu schaffen, welches möglichst optimal auf die Bedürfnisse der Kinder und einer zeitgemäßen Unterrichtsgestaltung ausgerichtet ist.
Und das ist gelungen – so manches Dorf wäre froh, ein derart gutes Angebot mit Kindergarten und Grundschule, für viele fussläufig erreichbar, am Ort zu haben.
Die Mehrheit war weiter der Ansicht, dass dies mit vertretbarem Aufwand im alten Gebäude nicht möglich sei.
Zwischenzeitlich gab es noch den Versuch des ehemaligen Bürgermeisters die Schule in Eigenregie zu bauen.
Die Situation war irgendwann so verworren, dass sich vor ca. 2 Jahren Vertreter aller Parteien und der damalige Bürgermeister mit dem Landrat getroffen haben, um mit einer Vereinbarung den Gordischen Knoten zu durchschlagen und den Neubau zu ermöglichen.
Diese Vereinbarung war quasi ein Gentlemen's Agreement und es wäre sicher ein schlechter Stil, sich heute daran überhaupt nicht mehr gebunden zu fühlen.
Allerdings haben sich einige Ausgangspunkte, die Grundlage bzw. Hintergrund der damaligen Vereinbarung waren, teilweise erheblich verändert:

  • Die Buswendeschleife wird erheblich teurer als damals kalkuliert.
  • Die Größen der Grundstücke sind anders als angenommen.
  • Heute erfahren wir, dass auf dem Gelände der alten Schule eine Baulast von 10 Stellplätzen für das Bürgerhaus liegt.


(Anmerkung: Es ist keine formelle Baulast, aber 10 Stellplätze für das Bürgerhaus werden dort vorgehalten)

  • Das finanzielle Desaster der Gemeinde hat ganz andere Ausmaße als damals bekannt.
  • Und wir haben von unserer Aufsichtsbehörde eine Haushaltsbegleitverfügung verpasst bekommen, die uns freiwillige Leistungen in diesen Dimensionen verbietet.


Bestandteil der damaligen Kalkulation war nämlich auch ein Ausgleich der Wertberichtigung für das alte Schulgebäude, welches im Anlagenvermögen des Kreises noch mit ca. 700.000 € in den Büchern stand.
700.000 € für ein Gebäude, welches niemand haben möchte – noch nicht einmal geschenkt.
Ein Gebäude welches trotz aller Vermarktungsbemühungen nicht zu vermarkten ist. Laut Vorlage des Gemeindevorstandes ist das Grundstück nur ohne Gebäude zu verkaufen.
Wenn wir es genau betrachten ist da ja eine skurrile Situation entstanden.
Die Schlangenbader wollten eine neue Schule bauen - der Landrat wollte nicht so richtig.
Also wurde eine Vereinbarung getroffen die beinhaltet, dass die Gemeinde die finanziellen Nachteile für den Kreis ausgleicht die entstehen, wenn der Kreis eine Wertberichtigung für das nun wertlose alte Schulgebäude in seinen Büchern vornehmen muss.
Der Landrat war zufrieden und ließ die neue Schule bauen.
Und heute, wo diese Absprache eingelöst und notariell besiegelt werden soll müsste uns eben dieser Landrat, als unsere Aufsichtsbehörde, dieses Rechtsgeschäft eigentlich verbieten, wenn er seine eigene Haushaltsbegleitverfügung ernst nimmt.
Ich denke das schafft Raum für Gespräche zwischen Gemeinde und Landkreis, die in einen Vertrag münden könnten, der an der einen oder anderen Stelle im Ergebnis noch zu einer Entlastung der Gemeindefinanzen führen könnte.
Und ich für mein Teil und alle, die nach der letzten Wahl neu in diesem Hause sind, stehen wieder einmal vor der Situation, uns zu einem Vorgang verhalten zu müssen, an dessen Entstehung wir nicht mitgewirkt haben – aber das ist in der Politik bisweilen so – ich glaube unser Bürgermeister erlebt das jeden Tag.

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  1. Ich gehe davon aus, dass
    eine Mehrheit in Schlangenbad, sowohl in der Gemeindevertretung als auch in der Bevölkerung, für den Neubau der Schule war.
  2. Ich gehe ebenso davon aus, dass
    die Bausubstanz der alten Schule zwar besser ist als oft nach außen dargestellt wurde -  die Befürworter des Neubaues aber vor allem funktionale Mängel sahen.
  3. Ich gehe weiter davon aus, dass
    der Neubau für die Kinder sicher die deutlich bessere Lösung war und ist.
  4. Ich gehe weiter davon aus, dass
    der Neubau für das Orts- und Landschaftsbild die schlechtere Lösung war.
    Ich ärgere mich jedes mal, wenn ich von Hausen nach Bärstadt fahre, über den Anblick dieses Farbkastens vor der ansonsten so malerischen Kulisse dieses hübschen Ortes.
    Es muss doch - verflixt nochmal - auch möglich sein, ein modernes Gebäude so zu planen und zu bauen, dass es sich in die Landschaft einfügt.
  5. Ich gehe weiter davon aus, dass
    der Bau der neuen Schule für die Gemeindefinanzen die bei weitem schlechtere Lösung darstellt
    und dass, im Wissen des gesamten Ausmaßes des finanziellen Desasters dieser Gemeinde, heute keine Mehrheit mehr für diese Lösung zustande käme - zumindest nicht in der Gemeindevertretung - in der Bevölkerung von Schlangenbad bin ich mir da nicht so sicher.



Aber
-  dies alles ist heute unerheblich - darüber können wir uns noch lange ärgern und im Denken blockieren - es nützt nichts
- die neue Schule steht und ist Fakt.
Fakt ist auch,
dass wir mit der Alten Schule nun eine Immobilie erben, deren Unterhalt wir uns nicht lange leisten können bzw. sollten.
Fakt ist auch,
dass wir es uns angesichts der finanziellen Situation nicht leisten können, den Wert dieses Grundstückes, der irgendwo zwischen 700.000 € und 1 Mio. € liegen könnte, als totes Kapital liegen zu lassen.
Entweder es gelingt, in einem letzten Kraftakt auch mit unkonventionellen Mittel, noch ganz schnell den Komplex zu verkaufen oder er muss - so leid es mir tut -  abgerissen werden.
Das Mindeste, was die Bärstadter aber erwarten können ist,
dass der Gemeindevorstand seine eigene Gestaltungsfibel ernst nimmt und bei der möglichen Nachfolgebebauung des Geländes der alten Schule dahingehend Einfluss nimmt, dass das Orts- und Landschaftsbild nicht noch weiter geschädigt wird.
Einfach nur die Fläche in Parzellen einzuteilen und meistbietend Stück für Stück zu verkaufen, damit dort die nächst LEGO-Haus-Siedlung entsteht, ist nach meinem Dafürhalten auch nicht - wie heist das so schön neudeutsch? - zielführend.
Vielen Dank
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